Die Angst, ins Unbekannte aufzubrechen

„Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?“ oder „mit diesem Kreditvertrag gehört Ihnen Ihr Haus in 25 Jahren“.

Mit diesen oder ähnlichen Fragen und Entscheidungen, die oft sehr weit in die Zukunft reichen, beschäftigen wir Menschen uns unaufhörlich. Und vielen Menschen scheinen, solche Planungen Sicherheit zu geben, wenn ich weiß, wo und was ich in 5 Jahren arbeiten werde und dass ich mein eigenes Haus besitze, welches ich über die nächsten Jahre abstottere. Das ganze Leben ist damit vorbestimmt. Ich arbeite jeden Tag mehr oder weniger das gleiche, bezahle mit einem Großteil meines Geldes die Finanzierung meines Hauses, kaufe mir alle paar Jahre ein neues Auto und plane bereits ein Jahr im Voraus meinen Sommerurlaub der mich 2 oder 3 Wochen dem Alltag entfliehen lässt…

Doch wenn es doch so toll ist und uns so glücklich macht, warum müssen wir dann dem Alltag entfliehen oder warum müssen wir wieder Kraft tanken, um den Alltag meistern zu können? Wieso leiden so viele Menschen am Burn-Out, sind unzufrieden, wütend oder mit Frust beladen?

Ist es vielleicht nicht so, dass der Mensch Angst vor einer ungewissen Zukunft hat und um dieser sich nicht stellen zu müssen, derartig viele Pläne für die Zukunft macht, dass es keine Ungewissheit mehr gibt oder nicht mehr geben darf? Das Leben verkommt zu einer täglichen Wiederholung mit der Aussicht, im Rentenalter endlich nicht mehr arbeiten zu müssen und das zu tun, was man wirklich möchte.

Vielen Menschen ist dabei nicht bewusst, dass sie eine Wette eingehen, die viele verlieren werden. Wer weiß schon, ob er in 5 Jahren noch diesen Job hat und ob er dann noch genug Geld hat, um sein Haus abzubezahlen oder im Rentenalter noch fit genug ist, seine Träume zu leben oder einfach vorher schon stirbt.

Ich habe vor ein paar Jahren ein Pärchen im hintersten Winkel von Schweden getroffen. Er war Anfang 60, ein ehemaliger Chef eines größeren Konzerns, sein Arzt hatte ihm den guten Ratschlag gegeben, jetzt aufzuhören zu arbeiten, da er wohl Gefahr lief, einen Herzinfarkt zu bekommen. Seine Frau, Mitte 40, eine ehemalige Ärztin im Krankenhaus. Wir verbrachten einen wunderbaren Abend zusammen am Lagerfeuer, mit selbst gebranntem Schnaps und guten Gesprächen. Irgendwann erzählte sie mir, dass sie so häufig Patienten im Krankenhaus hatte, die ihr sagten, „jetzt bin ich gerade in Rente gegangen, wollte mir ein Wohnmobil zum Reisen kaufen und jetzt sterbe ich.“ Das hat sie sehr betroffen gemacht und als klar war, dass ihr Mann aufhören würde zu arbeiten, hat sie ebenfalls ihren Job geschmissen und ging mit ihrem Mann auf Reisen. Was soll ich sagen, ich habe selten so entspannte, glückliche und zufriedene Menschen getroffen.

Wir glauben heute, wir würden ewig leben und die Angst vor einer ungewissen Zukunft ist die gleiche wie vor dem Tod. Wir versuchen zwanghaft, die Kontrolle zu behalten und den Tod zu ignorieren, so als ob er nicht da wäre, doch früher oder später kommt er zu jedem von uns.

Warum mit dem Leben warten? Warum Träume begraben oder aufschieben? Denn am Ende ist alles vergänglich. Du kannst bei deinem Job ausgetauscht werden, dein Haus wird irgendwann zusammen fallen und Du wirst nicht mehr da sein. Also warum so viel Aufwand für diese vergänglichen Dinge betreiben, anstatt nur das zu tun, was Dich wirklich erfüllt, Zeit mit Deinen liebsten zu verbringen und jeden Tag glücklich zu verbringen. Egal was Glück auch für Dich bedeuten mag.

Nachdem wir unsere Jobs gekündigt hatten und uns entschlossen, durch Schweden zu wandern, bekamen wir viel unterschiedliches Feedback. Es gab Aussagen wie „ich beneide Euch“, „ihr macht es genau richtig“, „das könnte ich nicht“, „wovon wollt ihr leben?“, „warum tut ihr das, ihr habt doch einen sicheren Job?“ oder „ich bin zu ängstlich das zu tun, aber wenn ich Rente gehe, mache ich es Euch nach“.

Ich kann zu diesen Menschen immer nur wieder sagen, lasst Euch nicht aufhalten. Uns allen werden unaufhaltsame Dinge widerfahren, also warum Angst haben, wenn wir es dennoch nicht ändern können? Genießt lieber das hier und jetzt, als aus Angst vor einer ungewissen Zukunft auf eine vermeintliche Sicherheit zu vertrauen und den Moment zu verpassen.

Keiner sagt, dass es leicht ist und eine derartige Entscheidung erfordert viel Mut, um die Angst zu überwinden. Viel zu schnell lassen wir uns dabei von den wirklich wichtigen Dingen ablenken, da wir meinen, unseren Verpflichtungen nachkommen zu müssen, weil z. B. ein Arbeitgeber auf mich baut. Schnell gerät man dabei in einen Strudel und versucht anderen gerecht zu werden, was schlussendlich dazu führt, dass man nicht sein Leben, sondern das eines anderen führt.

Mir selbst ist dies leider schon unzählige Male passiert, aber ich habe dabei für mich gelernt, dass das Leben immer weiter geht und sobald ich die ungeliebten Dinge loslasse und offen für Neues bin, öffnen sich Türen, die vorher verschlossen waren und diese Türen führten meistens zu schöneren Orten, als denen, wo ich zuvor herkam.

Be you and the world will adjust.

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