Indian Summer in Schweden

Mitte September sehnten wir uns „schon wieder“ nach Ruhe, Weite und einer Normalität die zur jetzigen Zeit nur noch an wenigen Orten auf dieser Welt zu finden ist. Daher waren wir uns relativ schnell einig, dass wir unseren, eigentlich zu kurzen 2-wöchigen Urlaub in Schweden verbringen würden. Wir hatten das Glück, bereits 3 Monate, in diesem zunehmend irritierenden Jahr, dort zu verbringen und waren über die Gastfreundschaft, Herzlichkeit, die uns dort entgegengebracht wurden und das Zusammenleben prägen zutiefst dankbar.

Also machten wir uns Mitte September 2020 (Insa, Tobias und Mack) auf die Reise Richtung Rostock, um dort die Nachtfähre nach Trelleborg zu nehmen. Ausgeruht und entspannt erreichten wir am Morgen unseren Zielhafen. Wir hatten geplant, einige Tage durch das Fulufjället zu wandern und machten uns daher gemächlich auf den Weg Richtung Norden. Wir versuchten, uns Zeit zu lassen und nicht den ganzen Tag im Auto zu Sitzen, um auch die kleinen schönen Ecken am Wegesrand zu entdecken und zu erwandern. So führte uns unser Weg über Umwege und Nebenstraßen langsam Richtung Norden an der Westküste von Schweden entlang.

So sehr uns die endlosen Wälder, Seen und die karge Landschaft des Fjells verzaubert, so sehr lieben wir auch die vielen einsamen Strände an der schwedischen Küste und unsere Reisen findet dort oft genug ihren Anfangs- und Endpunkt. So stoppten wir auch dieses Mal in Falkenberg und genossen einen ausgedehnten Spaziergang am Strand.

Nachdem wir uns ordentlich den Wind um die Nase wehen ließen und gut gefrühstückt hatten, fuhren wir weiter Richtung Amal, wo wir ein gemütliches Plätzchen am See für die Nacht fanden. Kulinarisch schlossen wir den Abend mit einem richtigen Highlight ab, denn es gab Spaghetti Napoli mit Wienerwürsten liebevoll zubereitet im Trangia. Alsbald verkrochen wir uns auch in unsere Schlafsäcke, denn am nächsten Morgen stand für uns eine Erstbegehung an. Es sollte über den Orsbergetleden zum höchsten „Gipfel“ Dalsland mit 301m gehen. Die Tour führte langsam durch den Wald aufwärts bis zum höchsten Punkt dem sog. Baljäsen, wo eine gemütliche Schutzhütte und eine Picknickbank mit Panoramaaussicht auf uns Wanderer wartete. Nach einer kurzen Rast auf dem „Gipfel“ stiegen wir wieder ab und fuhren erneut zu „unserem“ Plätzchen am See und ließen den Tag ruhig ausklingen.

Am nächsten Tag wollten wir Särna erreichen, also ging es für unsere Verhältnisse, sehr früh, gegen 10:30 Uhr bereits los und erreichten dann, doch etwas geschafft abends einen Lagerplatz, die in der Region reichlich zu finden sind. Zu der Jahreszeit ist auf diesen Plätzen eher ruhig und wir hatten daher auch nur einen „Nachbarn“ der etwas neidisch auf unseren Caddy starrte. Wir wollten aber nicht mit ihm tauschen…

An diesen Lagerplätzen darf jeder gegen eine kleine Gebühr die Nacht verbringen. Meist gibt es Sitzgelegenheiten, Feuerholz und eine einfache Toilette. Wir nutzen diese Plätze recht häufig und haben schon viele schöne Nächte dort verbracht und nette Bekanntschaften geschlossen.

Nach der dann doch sehr langen Fahrt hatte ich mir vorgenommen, Insa mit leckeren Burgern und ein paar Bierchen zu besänftigen, da sie doch etwas angefressen und genervt von der langen Autofahrt war. Ich denke, es hat ganz gut funktioniert und wir fielen satt, leicht angetüdelt und entspannt auf unsere Isomatten und verbrachten eine ruhige Nacht.

Am nächsten Tag brauchten wir alle drei erst einmal Bewegung und wir beschlossen, nach Grövelsjön zu fahren. Wir hatten auf der gestrigen Fahrt schon die vielen Herbstfarben bestaunt, wodurch sich die Landschaft bunt und abwechslungsreich zeigte. Was uns jedoch auf dem Weg Richtung Grövelsjön begegnete, ließ uns staunen und wir legten einige Stopps ein, um diese Farbenpracht auf uns wirken zu lassen. In der Intensität hatten wir alle dies so noch nicht erleben dürfen und hinter jeder Kurve erwartete uns ein neues Naturschauspiel aus gelben und roten Blättern. In Grövelsjön angekommen, parkten wir an der bereits geschlossenen Fjällstation und stiegen zu einer kleinen Runde hinauf ins Fjell. Wir trafen auf halbem Weg ein älteres schwedisches Pärchen, das uns entgegenkam und uns berichtete, dass die letzte Nacht sehr stürmisch mit Schneeregen war und wohl die nächsten Tage so bleiben sollte. Von unserem Aussichtspunkt auf unserer kleinen Tour konnten wir weit auf dem Gegenhang in das baumlose Fjell bis hinein nach Norwegen schauen und genossen still und ehrfürchtig die Farbenpracht, die uns die Natur darbot und die Gesellschaft einiger Rentiere die bis auf 50 m auf uns zuzogen. Ganz zu Freude von Mack natürlich der diese gerne gejagt hätte.

Je weiter der Tag voran schritt, desto schlechter wurde, wie angedroht, das Wetter und wir fuhren langsam zurück zu einem weiteren abgelegenen Lagerplatz nicht, ohne zuvor noch zum See in Grövelsjön zu fahren und die nicht ganz so alte Holzkirche zu besuchen. Den Abend ließen wir entspannt beim Lagerfeuer und einem Gin (es war Mittwoch bzw. traditionell Ginwoch ) geschützt in einem überdachten Windschutz ausklingen. Der Morgen begann stürmisch mit kräftigen Regenschauern und der Wetterbericht verhieß nichts Gutes. Es sollte den ganzen Tag durch regnen und die dichten Wolken hingen tief am Himmel. Am nächsten Tag sollte es aber sonnig und warm werden bis danach die nächste Schlechtwetterfront aufziehen sollte. Es war die erste Tour ins nordische Fjell für Insa und da ein Tourstart bei so einem Wetter meist keine guten Voraussetzungen für hoffentlich zukünftige Touren sind, beschlossen wir kurzerhand, den Tourstart um einen Tag zu verschieben. Also lagen wir dick eingepackt und gemütlich im Caddy und verbrachten den Tag schlafend und lesend und sogar Mack hatte bei dem Mistwetter keine Lust rauszugehen.

Am nächsten Morgen weckte uns ein strahlender Sonnenschein und wir wurden bald unruhig und machten uns mit gepacktem Rucksack auf Richtung Fulufjället. Das gute Septemberwetter wollten anscheinend noch ganz viele Tagesausflügler ausnutzen und den höchsten Wasserfall Schwedens den Njupeskär mit 125 m besuchen, der vom Parkplatz aus, auf kurzem Wege recht bequem zu erreichen ist. Also schoben wir 3 uns schwer bepackt an den Sonntagsausflüglern vorbei, schossen schnell ein paar Fotos am besagten Wasserfall und stiegen dann den recht steilen Weg hoch in das Fulufjlället auf. Der Weg war im oberen Drittel sehr steinig und verblockt, sodass wir einige Male Mack mit seinem Rucksack anschieben mussten, weil er festgeklemmte oder die großen Steine mit seinem Rucksack nicht hochkam. Wir hatten unseren Spaß und Mack sorgte für einige Lacher.

Normalerweise ist er huskytypisch ein ziemlicher Dickschädel und will sich partout seinen eigenen Weg suchen und lässt sich ungern helfen oder irgendwo hochtragen oder -schieben. Wir hatten aber Glück und er ließ alles stoisch über sich ergehen.

Guter Junge!

Nach dem schweißtreibenden Aufstieg standen wir staunend auf dem Hochplateau und genossen die Fernsicht in das Tal und auf den Njupeskär. Bis hier hoch hatten sich auch nur wenige Tageswanderer verirrt und je weiter wir in das Fulufjället vordrangen, desto einsamer wurde es. Unser Tagesziel sollte heute die Schutzhütte Lorthakojan werden. Der Weg führte uns über die Ebene des Fulufjällets und malerisch am Bach des Getsjöbrunnan entlang zur idyllisch gelegenen Schutzhütte. Wir genossen nach unserer Wanderung erst einmal die Sonne und machten es uns auf den Bänken, die um die Lagerfeuerstelle standen, gemütlich, bis wir uns endlich aufraffen konnten unser Zelt aufzubauen. Nach getaner Arbeit saßen wir noch lange zusammen und kochten, Nudeln verfeinert mit Tomatensuppe bis wir schließlich alle 3 satt, glücklich und zufrieden im Zelt verschwanden und bald darauf einschliefen.

Wir erwachten morgens recht früh von starkem Regen, Schnee und Sturm der nachts bereits eingesetzt hatte. Unser Zelt hing stark durch und es hatte sich einiges an nassem Schnee auf dem Zelt gesammelt, dass wir erst mal davon befreien, mußten. Ein kurzer Blick auf den Wetterbericht zeigte uns das, dass Wetter den ganzen Tag nicht besser werden würde und uns mit Dauerregen, Schneeregen und Sturmböen bis 90 km/h verwöhnen würde. Also machten wir das beste daraus und schliefen noch eine Runde, kochten uns in der Apsis einen Kaffee und faulenzten den Tag gemütlich im Zelt und wärmten uns in der Schutzhütte auf. Heute sollte es für uns nicht mehr weitergehen. Obwohl ich doch so einiges gewohnt bin, hatte ich so ein mieses Wetter dann doch noch nicht erlebt… Zum Schluss sollte es ganze 16Std. durch geregnet haben. Unser Zelt hat dies super ausgehalten und wir blieben trocken, obwohl unser Außenzelt komplett nass war und sich tiefe Pfützen unter dem Zeltboden gesammelt hatten.

Am nächsten Morgen hatte der Regen nachgelassen und wir beschlossen recht zeitig aufzubrechen und den Rückweg anzutreten, da am Nachmittag bereits die nächste Sturmfront aufziehen sollte und die nächsten Tage anhalten keine Besserung versprachen. Das nasse Zelt wurde daher nur grob zusammengelegt und in der Außentasche des Rucksacks verstaut und wir machten uns gemütlich im nass nebeligen Wetter auf den Rückweg über die Rösjöstugorna Hütte zum Auto zurück. Zufälligerweise wollte an dem Tag ein guter Freund von uns, der Rainer vom Outdoorgeschäft „Der Skandinavier in Coburg“ in Grövelsjön zu einer kleinen Tour starten und wir verabredeten uns kurzerhand, um ihn dort zu treffen. Die Freude war riesig. Wir hatten uns schon ein halbes Jahr nicht mehr gesehen, damals auch in Schweden und wir hatten uns einiges erzählen. Wir verbrachten den restlichen Nachmittag also mit leckeren Waffeln, Pancakes und guten Gesprächen bis wir abends Richtung einem Lagerplatz aufbrachen und Rainer in sein Zelt schlüpfte da er morgens früh aufbrechen wollte.

Am nächsten Tag versuchten wir unsere Ausrüstung zumindest einigermaßen zu trocknen und nutzten dazu jede kurze Regenpause und sonnige Wolkenlücke aus. Wir verbrachten noch eine ruhige Nacht auf „unserem“ Lagerplatz und machten uns langsam auf den Rückweg, nicht ohne noch einige kleinere Wanderungen zu unternehmen. Am vorletzten Abend schliefen wir auf einem großen leeren Waldparkplatz in der Nähe eines Naturschutzgebietes mit gemütlicher Hütte, Bänken und Plumpsklo. Wir verbrachten die Nacht völlig ungestört und sehr ruhig, bis wir morgens früh um 7 Uhr von Autos geweckt wurden die mehr und mehr auf den Parkplatz strömten. Zunächst dachten wir, es würden sich um Jogger handeln und blieben einfach liegen. Als aber der gesamte Parkplatz mit mindestens 40 Autos komplett zugestellt war und eine Gruppe von Leuten recht dicht an unserem Auto stand und sich unterhielt, riskierte ich dann doch mal einen Blick und sah eine große Elchjagdgesellschaft die gerade die Jagd plante. Wir entschlossen uns dann einfach noch etwas liegenzubleiben… den verstörenden Anblick eines verschlafen dreinblickenden bärtigen Kerls, der ihnen in Unterhose zuwinkt, wollte ich ihnen dann doch nicht zumuten. Wir wollen schließlich noch mal wieder kommen ;-). Nachdem die Jagdgesellschaft losgezogen war und wir gefrühstückt hatten, fuhren wir Richtung Trelleborg.

Unseren letzten Abend verbrachten wir, wie es die Tradition vorschreibt, wieder am Strand und genossen unser Abschiedsbier in 2 gemütlichen Stühlen bis die nächste Regenwand uns wieder in unseren Caddy jagte und wir etwas wehmütig einschliefen und die frühe Fähre zurück nach Rostock zu nehmen.

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